Größenwahn in Stahl und Glas – „The Line“ als modernes Babel
- OMEGA 24
- 4. Okt.
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Mit dem Projekt Neom und insbesondere der futuristischen Megastadt The Line wollte Saudi-Arabien nicht weniger als eine neue Zivilisationsform erschaffen: 170 Kilometer lang, 500 Meter hoch, vollständig klimaneutral, ausgestattet mit digitaler Hochtechnologie und einem Stadion für die Fußball-WM 2034. Es war der Traum des Kronprinzen Mohammed bin Salman – ein Symbol für Fortschritt, Macht und Vision.
Doch nun folgt die Ernüchterung: Baustopp, Milliardenverluste, Entlassungen, drastische Kürzungen auf nur 2,4 Kilometer Länge bis 2030. Selbst die Asiatischen Winterspiele und die Fußball-WM stehen auf der Kippe. Menschenrechtsverletzungen, gewaltsame Umsiedlungen und internationale Kritik begleiten das Projekt wie ein Schatten.
Der Turmbau zu Babel – eine biblische Parallele
Im Buch Genesis (Kapitel 11) versammeln sich die Menschen, um einen Turm zu bauen, „dessen Spitze bis an den Himmel reicht“. Ihr Ziel: sich selbst zu verherrlichen, unabhängig von Gott zu werden, eine einheitliche Sprache und Machtstruktur zu etablieren. Doch Gott durchkreuzt diesen Plan – er verwirrt ihre Sprache und zerstreut sie über die Erde. Ein göttliches Eingreifen gegen menschliche Selbstüberschätzung.
Neom als Neuinterpretation von Babel?
Die Parallelen sind frappierend:
Beide Projekte scheitern nicht an mangelnder Technik, sondern an der Hybris ihrer Initiatoren. Der Wunsch, eine perfekte Welt zu schaffen – sei es durch göttliche Missachtung oder technologische Allmacht – endet in Fragmentierung, Kritik und Rückzug.
Fazit: Fortschritt braucht Demut
Der Turmbau zu Babel ist keine Technikfeindlichkeit, sondern eine Warnung: Wer den Himmel erzwingen will, verliert den Boden unter den Füßen. Neom zeigt, dass selbst Milliarden und Visionen nicht ausreichen, wenn ethische, soziale und wirtschaftliche Realitäten ignoriert werden.
Vielleicht ist es Zeit, wieder kleiner zu denken – und größer zu fühlen.
Quellen
